"Nachfolge ist weiblich" im Kreis Gütersloh – eine spontane Übernahme während der Ausbildung
„Irgendwann findet sich der richtige Weg, wenn man es wirklich will.“ Friederike Welpinghus ist Konditormeisterin in familiärer Tradition. Am 01. Januar 2017 übernimmt sie die Konditorei & Bäckerei Welpinghus GmbH in Borgholzhausen von ihrem Vater. „Die Übernahme verlief relativ spontan.“ erzählt sie. Im Juli 2016 begann sie die Ausbildung im eigenen Betrieb und bereits im Januar des Folgejahres übernahm sie die Konditorei. Bis Januar 2018 war Friederike Welpinghus also Auszubildende und Chefin zugleich. Eine herausfordernde Kombination: „Schaffe ich das alles, werde ich von allen Mitarbeitenden „ernst“ genommen?“ Diese Fragen beschäftigten die junge Chefin damals sehr. Aber heute, fast vier Jahre später, hat sich das Verhältnis zu den insgesamt 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber auch zur Kundschaft positiv entwickelt: „Je länger man es macht, desto „sicherer“ wird man und strahlt es auch aus. Die Kommunikation mit den Mitarbeitenden hat sich auch verbessert. Auch das braucht seine Zeit, da sie es von meinem Vater anders gewöhnt waren. Mittlerweile sind wir als Team eingespielt.“ verrät sie. Um die kurzfristige Übernahme so gut wie möglich zu vollziehen haben Handwerkskammer und Innung eine Betriebsbewertung im Jahr 2016 vorgenommen. Auch ein Steuerberater und ein Unternehmensberater standen der Familie mit Rat und Tat zur Seite. Die Übernahme verlief dann reibungslos und auf das Grundlegende fühlte sich die neue Inhaberin gut vorbereitet: „Allerdings kann man sich nicht auf alles vorbereiten und dann muss man lernen situationsbedingt zu handeln - quasi learning by doing.“ beschreibt sie den Prozess. Trotzdem ist es genau diese kurzfristige Planung, die die Verwirklichung dieser Übernahme begünstigt hat. „Es war sehr gut, dass die Übernahme nicht zu lange geplant war, da ich es sonst vielleicht nicht gemacht hätte. Dass die Übernahme dann auch tatsächlich so zeitnah vollzogen wurde, war ebenfalls ein Vorteil, denn somit war klar, dass ich die Chefin bin und die Entscheidungen treffe und verantwortlich bin.“ resümiert die Konditormeisterin ihre damalige innere Haltung. Immer neue Motivation findet die junge Chefin zudem in ihrem eigenen Anspruch jeden Tag tolle Produkte herzustellen, welche die Kunden schätzen und gerne mögen.
Rückblickend ist die heutige Inhaberin sehr zufrieden mit der Übernahme: „Ich würde es immer wieder machen, allerdings auch mit der vorherigen Laufbahn, da es mir sehr geholfen hat Erfahrung als Angestellte zu haben und heute auch als Chefin aus diesem Blickwinkel schauen zu können.“ Ihre Erfahrungen aus einer anderen Branche und ihren Quereinstieg sieht sie als Bereicherung an. Zudem betont sie den positiven Effekt der Freiwilligkeit der Übernahme, ohne familiären Zwang, der maßgeblich zu ihrer positiven Grundeinstellung beigetragen hat.
Anderen Frauen, die eine Übernahme anstreben rät sie, sich im Vorfeld bewusst zu machen, dass der Schritt in die Übernahme auch die Aufgabe von Freiheiten und Freizeit mit sich bringt, welche man als Arbeitnehmerin ganz selbstverständlich hätte. „Sich vorher ausreichend zu informieren finde ich sehr wichtig: Sich erkundigen, wie man die Übernahme am geschicktesten für beide Seiten gestaltet und sich bewusst zu machen, dass es innerhalb der Familie zu Generationenkonflikten kommen kann, die einen vielleicht manchmal zweifeln lassen, ob das alles so richtig war.“ Aber trotz möglicher Bedenken ist sich Friederike Welpinghus bei einem ganz sicher: „Irgendwann findet sich der richtige Weg, wenn man es wirklich will und aus Fehlern kann man nur lernen.“
Foto: Friederike Welpinghus
Am Mittwoch, den 13. Januar fanden sich insgesamt 12 Gründerinnen und Jungunternehmerinnen zum ersten Teil des Online-Seminars „Mut zur Selbständigkeit – Ängste überwinden und ins Handeln kommen“ zusammen. Die Veranstaltung wurde moderiert von Anna-Lena Lütke-Börding vom Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL und fand in Kooperation mit der Wirtschaftsförderung des Kreis Minden-Lübbecke und dem „StartMiUp“ in Minden statt, in deren Namen Catharina Behl und Jens Walsemann die Gründerinnen begrüßten.
Die Referentin Imke Leith forderte die Teilnehmerinnen zu Beginn auf, sich durch verschiedene Hashtags in der Runde vorzustellen. Dazu gehörten: der Name, eine herausragende Eigenschaft, der Wohnort und die Branche des gegründeten Unternehmens. Diese Übung zielte bereits darauf ab ins Machen zu kommen und sich über sich und das eigene Profil bewusster zu werden. Weiter ging es mit einem kurzen Fragenkatalog, den die Gründerinnen zuerst für sich bearbeiten sollten. Hierzu sollten die Frauen notieren, wo sie in genau einem Jahr stehen wollen: Wer bin ich in einem Jahr? Was mache ich? Für wen mache ich es? Was verdiene ich? Wo arbeite ich? Welche Highlights hatte das zurückliegende Jahr? Welche persönlichen Bedürfnisse habe ich mir erfüllt?
Bei der Beantwortung dieser Fragen sollte ruhig groß geträumt werden. Denn es ging darum, sich über die eigene Vision klarer zu werden und so eine innere Handlungsorientierung zu erhalten. Im Anschluss stellten die Gründerinnen ihre Antworten in Kleingruppen in Breakout-Sessions vor. Fünf Minuten hatte jede Teilnehmerin Zeit von den Rückmeldungen der anderen zu profitieren. Danach stellte jede Teilnehmerin ihre Antworten, also ihre Vision, im Plenum vor. Bereits zu Beginn der Veranstaltung wurden Gründe gesammelt, weswegen die Gründerinnen den Weg in die Selbständigkeit überhaupt gewählt haben. Hierbei wurde besonders häufig genannt, dass sie Freiheit suchen und ihre Kreativität ausleben wollen. Nun kamen noch die monetären Ziele hinzu, die bis hin zu dem Wunsch nach 500.000 € im Jahr reichten. Es war spannend zu sehen wie unterschiedlich die Visionen der Frauen aussahen. Zum Abschluss des ersten Seminartages erhielten die Teilnehmerinnen eine weitere Aufgabe mit nach Hause. Sie sollten ein Kriesenszenario entwerfen und dabei ihre Ängste notieren, sowie den möglichen Umgang damit.
Der zweite Seminartag begann wieder mit einer Übung zur Vorstellung der eigenen Unternehmerinnenperson. Auf die Frage: „Was macht Du denn so?“, konnten die Gründerinnen nun schon sehr viel konkreter und mutiger antworten als am Tag zuvor. Imke Leith ging dann auf das Thema Angst ein, welche oft hemmend im Unternehmerinnenalltag wirken kann. Sie betonte jedoch, dass die Angst nicht erst überwunden werden müsse, um ins Handeln zu kommen, sondern dass sie uns lediglich anregen sollte über etwas bestimmtes zu reflektieren. „Reflexion geht durch die schreibende Hand“ lautete dabei einer von zahlreichen Tipps. In Breakout-Sessions bearbeiteten die Gründerinnen dann nach dem „Hebammenprinzip“ in Kleingruppen ihre Ängste und welchen konkreten Schritt sie in den nächsten 72 Stunden unternehmen würden, um wieder in mutiges Handeln zu kommen. Im Plenum stellten sie dann diesen nächsten Schritt vor. Hierbei wirkte die Referentin vor allem darauf ein, dass die Gründerinnen sich ausschließlich auf einen einzigen nächsten Schritt fokussieren sollten. Denn der darauf folgende Schritt eröffnet sich dann von alleine.
Das Gründerinnenseminar „Mut zur Selbständigkeit - Ängste überwinden und ins Handeln kommen“ hat den Jungunternehmerinnen wichtige Tools an die Hand gegeben, um auch künftig mutig und trotz Angst erfolgreich und mutig zu handeln. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg mit deutlichem Mehrwert für die Teilnehmerinnen.
Bild: OstwestfalenLippe GmbH
Im Rahmen der „Digitalen Fitnesswoche“ der pro Wirtschaft GT GmbH fand der Wirtschaftsdialog mit dem Titel „Fit durch die Digitalisierung: Resilienz als Erfolgskonzept“ statt. Der Einladung des Kompetenzzentrums Frau und Beruf OWL folgten rund 30 Personalverantwortliche und Interessierte aus kleinen und mittelständischen Unternehmen aus der Region.
Erhöht die Digitalisierung die Krisenanfälligkeit von Unternehmen oder wird die Krisenfestigkeit verstärkt? Wie können Unternehmen ihre organisationale Resilienz entwickeln und die eigenen Führungskräfte vor Belastungen zu schützen? Zu diesen Fragen fand die Referentin Zuzana Blazek, Senior Researcherin am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, die passenden Antworten.
Zuzana Blazek ging zunächst darauf ein, was Resilienz bedeutet und was resiliente Menschen charakterisiert. Resilient ist man, wenn man mit Belastungen und Krisen wirkungsvoll umgehen kann und eine Widerstandskraft in schwierigen Phasen besitzt. Man kann auf innere Ressourcen zurückgreifen und reagiert „situationselastisch“. Resilienz besteht aus sieben Säulen. Die einzelnen Säulen bestehen aus: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Selbststeuerung, Verantwortung übernehmen, sowie Netzwerkorientierung und Zukunftsplanung.
Doch was bedeutet das für Unternehmen? Resilienz ist eine bestimmte Strategie im Umgang mit Schwierigkeiten. Sie ist für alle Altersgruppen trainierbar. Resiliente Mitarbeiter sind ein wichtiger Baustein für ein gesundes Unternehmen. Für Betriebe ist die Resilienz in einem Dreiklang aus zu der individuellen Resilienz, der Teamentwicklung und der organisationalen Resilienz zu verstehen. Unternehmen sind dann resilient, wenn sie Teams und Beschäftigten förderliche Bedingungen zum resilienten Verhalten bieten.
Es gibt vier Charakteristika, die resiliente Teams auszeichnen. Ein gesundes Team besitzt die Einstellung, dass alle Aufgaben gemeinsam gemeistert werden können. Klare Ziele und ein gemeinsames Rollenverständnis gehören ebenfalls dazu. Die Fähigkeit zu improvisieren und das gegenseitige Vertrauen sowie die Sicherheit sind essentiell.
Den Wirtschaftsdialog rundete eine Diskussion zwischen Zuzana Blazek, Dr. Marita Reinkemeier (prowi GT), Tabea Mälzer (Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL) sowie Stefan Freise (Geschäftsführer der code-x GmbH, Paderborn) ab. Die Fragen wurden dabei zunächst an Stefan Freise gerichtet, der in dem Wirtschaftsdialog als Beispiel der guten Praxis aufgetreten ist. Herr Freise berichtete, dass es seinem Team sehr geholfen hat gemeinsame Ziele und Werte festzulegen. Er sieht sich in dieser Beziehung als Mentor oder Coach. Das alles schafft Vertrauen und Sicherheit und somit eine Umgebung, in der sich die Mitarbeitenden individueller entfalten können, aber auch vor Belastungen geschützt werden.
Unserer Einladung zum Online-Seminar „Junge Köpfe – Starke Fachkräfte: Ausbildung neu denken: Zusätzliche Potentiale erschließen – in Teilzeit oder im Verbund“ folgten 35 Führungskräfte, Personalverantwortliche, Ausbildungs- und Geschäftsleitungen aus Unternehmen sowie Interessierte aus Institutionen aus fast allen Regionen OstWestfalen-Lippes.
Zahlreichen Betrieben fällt es immer schwerer, alle Ausbildungsstellen zu besetzen. Nach der Devise „Ausbildung neu denken“ stellten wir zwei Modelle vor, die sich vor allem für kleine und mittelständische Betriebe zur Sicherung der eigenen Fachkräftebasis eignen
:Die Teilzeitberufsausbildung und die Verbundausbildung.
Experte Uwe Gößling (Referent gewerblich-technische Berufsausbildung, IHK Ostwestfalen zu Bielefeld) erklärte zunächst die Möglichkeit der Teilzeitberufsausbildung und stellte die Rahmenbedingungen gemäß Berufsbildungsgesetz (2005 / 2020) vor. Die Neuregelung aus 2020 öffnet die Teilzeitausbildung nun auch für Personen, die nicht die bisher anerkannten Gründe wie Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen vorweisen können.
Anschließend ging Uwe Gößling auch auf die rechtlichen Anforderungen ein und informierte beispielsweise über die individualvertraglichen Vereinbarungen zur täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit, die Ausbildungsdauer sowie Vertragsänderungen nach Ausbildungsbeginn und Verkürzungsmöglichkeiten. Er betonte auch, dass das gewählte Teilzeitmodell neben dem betrieblichen Teil auch parallel in den Berufsschulen Anwendung finden muss. Hinsichtlich der Organisation der Beschulung müssen sich Ausbildende, Auszubildende und Berufsschule abstimmen.
Die besonderen Vorteile der Teilzeitberufsausbildung für die Unternehmen stellte Uwe Gößling ebenfalls vor: Die Neuregelung in 2020 ermöglicht die Ansprache einer größeren Zielgruppe. Vor allem aber kann mit der Ausbildung in Teilzeit eine bislang vernachlässigte Zielgruppe erschlossen werden: Gut organisierte Mitarbeiterinnen – zum Beispiel nach Eltern- oder Pflegezeit. Diese sind hoch motiviert, verantwortungsvoll und verfügen über ausgeprägte Sozialkompetenz. Sie sind in der Regel sehr effizient organisiert und entsprechen damit den Anforderungen an die Fachkräfte für morgen. Auch eine Vollzeitausbildung kann so nach Mutterschutz/Elternzeit in Teilzeit beendet werden. Gleichzeitig kann sich das Unternehmen als familienbewusster und verantwortungsvoller Arbeitgeber präsentieren und sein Image steigern.
Zum Ende seines Beitrags informierte Uwe Gößling darüber, dass aktuell bei der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld 67 Teilzeitberufsausbildungsverhältnisse für 14 unterschiedliche Berufe eingetragen sind; davon entfallen 46 auf weibliche und 21 auf männliche Personen.
Um die praktische Umsetzung einer Teilzeitberufsausbildung ging es im anschließenden Interview zwischen Moderatorin Meike Stühmeyer-Freese und Ausbilderin Elisabeth Hoffmann-Gallhoff (Rechtsanwältin). Warum sie regelmäßig in Teilzeit ausbildet, welche organisatorischen Rahmenbedingungen für die erfolgreiche Umsetzung notwendig sind und welche Vorteile ein Unternehmen davon hat, erfahren Sie hier im verlinkten Interview. Sie erfahren, worauf zu achten ist und welche Tipps Elisabeth Hoffmann-Gallhoff gern weitergibt.
Im dritten Teil des Informationsnachmittags stellte Anja Schwengel (Initiative Wirtschaftsstandort Kreis Herford e. V.) das Konzept der Verbundausbildung vor. Bei der Verbundausbildung bilden Betriebe gemeinsam mit einem anderen Unternehmen oder einem übergeordneten Bildungsträger aus. Sie bietet die Möglichkeit, Ausbildungsabschnitte, die von einem Betrieb nicht angeboten werden können, auf mehrere zu verteilen. So können mehr Fachkräfte ausgebildet und die Zukunft von hochspezialisierten und kleineren Betrieben gesichert werden.
Zahlreiche Teilnehmende haben erst durch unsere Einladung von beiden Ausbildungskonzepten erfahren und durch unser Angebot neue Sichtweisen kennengelernt und praktische Umsetzungstipps erhalten.
Für alle, die sich näher mit der Thematik auseinandersetzen möchten, haben wir die relevanten Informationen und Kontaktdaten des Nachmittags hier zusammengefasst.
Bild von oben nach unten:
Meike Stühmeyer-Freese und Tabea Mälzer (beide Kompetenzzentrum Frau und Beruf | OWL GmbH)
Uwe Gößling | IHK Ostwestfalen zu Bielefeld (Referent gewerblich-technische Berufsausbildung)
Anja Schwengel | Initiative Wirtschaftsstandort (Kreis Herford e. V. | Förderung von Ausbildung)
Bildrechte: OWL GmbH
Rund 50 Teilnehmende, Personalverantwortliche aus Unternehmen, Unternehmens- und Personalberaterinnen und -berater nahmen an der Online-Veranstaltung „Die digitale Transformation menschlich meistern“ am 02. Dezember 2020 teil.
Inga Knoche, Business Development Managerin bei bluecue consulting GmbH & Co. KG und Autorin referierte zum Thema “Der Mensch in der digitalen Transformation“. Sie lenkte dabei den Blick darauf, dass die Neuerungen der Digitalisierung nicht ausschließlich in technischer Hinsicht betrachtet werden dürften, sondern ganz zentral auch eine menschliche Komponente umfasst, die von Führungskräften oft in ihrer Bedeutung unterschätzt wird. Die Herausforderung bestehe nämlich nicht nur darin, die Beschäftigten zum Umgang mit neuen Programmen, Geräten und digitalisierten Arbeitsabläufen zu befähigen. Darüber hinaus sind die Bereiche Führung, Motivation und Arbeitsorganisation betroffen, die entsprechend an die neuen Voraussetzungen angepasst werden müssen.
Der Austausch von Informationen sowie die Aufrechterhaltung von menschlicher Interaktion bilden die Basis für die Zusammenarbeit in der digitalen Welt. Für diesen Austausch von Informationen und Daten, die ggf. von verschiedenen Personen benötigt werden, bieten sich verschiedene digitale Plattformen an; die Fülle von Angeboten ist sehr groß und was im Einzelnen benötigt wird, hängt stark von den individuellen Strukturen und Bedürfnissen des jeweiligen Unternehmens ab. Ein erster wichtiger Schritt in der digitalen Transformation ist also, sich Klarheit darüber zu verschaffen, welche Prozesse und Arbeitsabläufe im jeweiligen Unternehmen oder Team durch digitale Tools unterstützt werden können und welche Tools dafür am besten geeignet sind.
Weitere Voraussetzung für die gelingende Transformation ist, dass die Nutzerinnen und Nutzer der neuen Werkzeuge für die Möglichkeiten sensibilisiert und damit vertraut gemacht werden, sofern sie nicht schon in deren Entwicklung einbezogen werden konnten. Die Zugänglichkeit aller erforderlicher Daten, Informationen und auch Neuigkeiten sollte in jeder Hinsicht und für alle Beschäftigten gesichert sein, ganz unabhängig davon, mit welcher Wochenarbeitszeit sie tätig sind und wie und wo die Arbeit jeweils geleistet wird.
Auch die soziale Interaktion kann und sollte bei dezentralem Arbeiten durch digitale Plattformen gefördert werden und einem Gefühl der Isolation entgegenwirken. Auch hier gibt es verschiedene digitale Tools, die genutzt werden können.
Gerade Führungskräfte sollten es sich zur Daueraufgabe machen, persönliche Befindlichkeiten von remote arbeitenden Beschäftigten einschätzen zu lernen und etwaige Sorgen oder Probleme schnellstmöglich anzugehen. Denn Homeoffice und dezentrales Arbeiten sind nicht jedermanns Sache. Es können Konflikte entstehen, die Motivation kann unter der Isolation leiden, gerade wenn eine Tätigkeit im Homeoffice nicht auf eigenen Wunsch stattfindet. Hier sind Sensibilität und Verständnis sowohl von Führungskräften gegenüber den Beschäftigen als auch von Kolleginnen und Kollegen untereinander gefragt.
Inga Knoche zeigte Wege auf, wie die digitale Transformation spielerisch gestaltet werden kann, um sowohl die sozialen Kontakte in der Distanz zu festigen und alle Beschäftigten mitzunehmen in die „neue digitale Welt“ (Stichwort „gamification“). Das spielerische Element kann darüber hinaus auch ganz konkret zur Projektentwicklung oder für den Umgang mit anderen unternehmerischen Herausforderungen eingesetzt werden, denn durch das Spiel entsteht ein Flow-Effekt, der ein vertieftes und aktives Arbeiten ermöglicht. Und - sofern es im Hinblick auf gesundheitliche Aspekte gerade möglich ist - kann das Bauen mit den Händen verschiedene Hirnregionen aktivieren, die wiederum die Kreativität fördert und zu innovativeren Ergebnissen führt. Ganz nebenbei erhöhen spielerische Elemente in der Arbeit auch die Akzeptanz in Bezug auf digitale Neuerungen, wenn die Beschäftigten damit ein „spaßiges“ Erlebnis verbinden.
So kann digitale Technologie also genutzt werden, um Informationsaustausch und Organisation ebenso wie menschliche Bedürfnisse zu unterstützen.
Veranstalterinnen des Online-Seminars waren das Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL, die Gleichstellungsstelle der Stadt Bielefeld sowie die WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH.
Foto von oben:
Vera Wiehe | WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH
Christina Rouvray | Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL
Inga Knoche | bluecue consulting GmbH & Co. KG
Bildrechte: OWL GmbH
Unserer Einladung zum Online-Seminar „Junge Köpfe – Starke Fachkräfte: Auszubildende online auswählen“ folgten 41 Führungskräfte, Personalverantwortliche, Ausbildungs- und Geschäftsleitungen aus Unternehmen sowie Interessierte aus Institutionen aus fast allen Regionen OstWestfalen-Lippes.
In den zurückliegenden Monaten wurden viele Prozesse in kleinen und mittelständischen Unternehmen verstärkt digitalisiert. Auch für die Rekrutierung von Auszubildenden kommen mit virtuellen Vorstellungsgesprächen vermehrt neue Methoden zum Einsatz. Im Online-Seminar erhielten die Teilnehmenden konkrete Tipps für die erfolgreiche Vorbereitung und Umsetzung. Etwa 80 % der Teilnehmenden hatten bislang keine Auswahlgespräche online durchgeführt und starkes Interesse am Austausch mit Ausbildungs- und Personalverantwortlichen aus anderen Unternehmen, die damit bereits gute Erfahrungen gemacht haben.
Referentin Simone Bull (Arbeitgeberschmiede | Agentur für Personal und Marketing) informierte zunächst über die vielfältige und umfangreiche Vorbereitungsphase und ging dabei auch auf die Unterschiede zu vor-Ort-Auswahlgesprächen ein. Grundsätzlich riet sie dazu, alle Gespräche für eine Position mit dem gleichen Medium durchzuführen um so einen professionellen, vergleichbaren Prozess zu sichern.
In diesem professionellen Prozess stellt sie die Arbeitgebermarke als grundlegend in den Vordergrund. Dass diese längst noch nicht überall üblich ist, verrät unser Umfrageergebnis: etwa 2/3 der beteiligten Unternehmen geben an, keine abgestimmte und schriftlich festgelegte Arbeitgebermarke zu haben.
Frau Bull schlägt auch vor, für die Kandidaten und Kandidatinnen Tipps zu entwickeln – die auch für die Interviewenden selbst Gültigkeit haben sollten – und rechtzeitig vorher zuzusenden. Dazu zählen beispielsweise Technisches zum Hintergrund, dem Licht oder dem Umgang mit der Kamera, aber auch Hinweise auf den Kleidungsstil und der Tipp, sich selbst Fragen zu überlegen.
Im Team sollten eine Persona entwickelt und davon ausgehend die Auswahlkriterien erarbeitet werden, d. h. wer passt zu uns, welche Werte und Kultur sind wichtig und was soll die Person können. Die spätere Vorstellung des Unternehmens sollte kein Standard-Imagefilm sondern auf die Stelle zugeschnitten vorbereitet werden. Das kann beispielsweise ein Betriebsrundgang sein, der die täglichen Routinen beinhaltet und auch ein zukünftiger Arbeitsplatz, der von aktuellen Auszubildenden vorgestellt wird.
Nicht zuletzt muss die DSGVO-Konformität sichergestellt werden. Am Ende der Vorbereitungsphase erfolgt die Entscheidung, wer an den Auswahlgesprächen teilnimmt. Dieses Team wird gebrieft, Moderation, Ablauf und Rollverteilung werden definiert und der virtuelle Raum vorzubereitet.
Ein weiteres Thema an dem Nachmittag waren Tests im Rahmen von Azubi-Einstellungsverfahren. Auch hier lieferte unsere Umfrage unter den Teilnehmenden interessante Ergebnisse: Etwa 40 % der Unternehmen verzichten ganz auf standardisierte Tests und die anderen 60 % nutzen zu gleichen Teilen papier- bzw. computerbasierte Tests. Frau Bull ging auf die Funktionsweise sowie Vor- und Nachteile der Online-Tests ein. Die Teilnehmenden gaben per Chat ihren aktuellen Testanbieter an und tauschten sich untereinander im Gespräch über die gemachten Erfahrungen aus.
Schließlich ging es um die tatsächliche Durchführung der Online-Interviews, die dem Ablauf von Auswahlgesprächen im Unternehmen sehr ähnlich ist. Eine Begrüßungsrunde mit Small Talk senkt den Stresslevel. Der Gesprächsverlauf sollte hier kurz skizziert werden. Die Unternehmensvorstellung kann mit der zielgruppengerechten Ansprache einen Sog erzeugen und das Unternehmen für die Bewerberin attraktiv bleiben. Nachdem sich die Kandidatin selbst vorgestellt hat und die Fragen aller Beteiligten beantwortet wurden, sollte kurz auch der weitere Weg beschrieben werden.
Zum Ende Ihres Vortrags lud Frau Bull die Teilnehmenden zu einem Exkurs ein und gab Tipps, wie weibliche Auszubildende für ein eher technisches Ausbildungsumfeld gewonnen werden können. Sie wies darauf hin, dass jungen Frauen sowohl Sinn und Kontext hinter den Aufgaben wichtig sind. Außerdem fühlen sie sich durch eine angemessene Wort- und Bildsprache eher gemeint.
Zahlreiche Teilnehmende verabschiedeten sich im Chat mit dankenden Worten für den aufschlussreichen, nachvollziehbaren, informativen und extrem kurzweiligen Nachmittag mit sofort umzusetzenden Hinweisen.
Bild von oben nach unten:
Meike Stühmeyer-Freese (Kompetenzzentrum Frau und Beruf | OWL GmbH)
Simone Bull (Arbeitgeberschmiede | Agentur für Personal und Marketing)
Bildrechte: OWL GmbH
Am 02. Dezember 2020 waren Personalverantwortliche aus kleinen und mittelständischen Unternehmen eingeladen, sich über das Thema Employer Branding zu informieren.
Doch warum sollten Unternehmen sich mit diesem Thema befassen? Was bedeutet Employer Branding konkret und wie kann eine erfolgreiche Ausgestaltung gelingen? Moderiert aus dem Kreis Minden-Lübbecke, verfolgten mehr als 35 Teilnehmende den Vortrag der Referentin Johanna Füllgraf (Füllgraf Personalmarketing).
Eine Frage, die sich jedes Unternehmen stellen muss, ist: Warum sollten die besten Mitarbeitenden bei uns arbeiten und nicht bei der Konkurrenz? Besaß diese Frage immer schon Relevanz, gewinnt sie durch den zunehmenden Fach- und Führungskräftemangel an Brisanz. Der Wandel hin zu einem Bewerbendenmarkt macht es notwendig, potentielle Mitarbeitende ebenso wie die Belegschaft für das eigene Unternehmen aktiv zu begeistern.
Genau an diesem Punkt setzt Employer Branding an. Der Begriff umschreibt die identitätsbasierte, intern wie extern wirksame Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgebender. Entscheidend ist ein Profil, dass für potentielle Fachkräfte attraktiv ist, die Mitarbeitenden bestätigt sowie die Stärken und Besonderheiten des Unternehmens verdeutlicht.
Umfragen zeigen, dass für (potentielle) Mitarbeitende Aspekte wie die Unternehmenskultur und eine flexible Arbeitsgestaltung entscheidende Faktoren der Arbeitgebendenattraktivtät sind. Besonders das große Potential von weiblichen Beschäftigten lässt sich durch eine frauen- und familienbewusste Personalpolitik besser nutzen. Dabei müssen KMU keine geringere Attraktivität gegenüber Konzernen fürchten – Umfragen zeigen, dass die Bewerbenden vor allem anhand der konkreten Aufgaben entscheiden und im Vergleich mit größeren Unternehmen KMU sogar bevorzugen.
Ein erfolgreich ausgestaltetes Employer Branding bietet entscheidende Vorteile. Intern lässt sich eine längere Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen erreichen. Zudem werden die Beschäftigten durch die positive Einstellung zum Arbeitgebenden in ihrem näheren Umfeld zu Werbeträgern des Unternehmens. Extern erfolgt eine klare Positionierung auf dem Bewerbendenmarkt, die eine bessere Passung eingehender Bewerbungen erzeugt und zur Senkung von Rekrutierungskosten führt.
Der konkrete Prozess des Employer Branding lässt sich anhand von fünf Schritten beispielhaft nachzeichnen. Ein entscheidender Punkt auf dem Weg liegt im Einbezug der Mitarbeitenden. Denn nur ein authentisches Employer Branding ist erfolgsversprechend. Dies setzt voraus, dass die nach außen transportierte Arbeitgebendenmarke intern ebenso aktiv gelebt wird. Empfehlenswert sind hier extern durchgeführte Workshops, in denen frei über Betriebsklima und Handlungsbedarfe gesprochen werden kann.
Am Ende des Prozesses existiert die Employer Value Proposition (EVP) als das Werteversprechen, welches das Unternehmen seinen aktuellen wie zukünftigen Mitarbeitenden gibt. Dies sollte den gesamten Auftritt im Bewerbendenmarkt ebenso prägen wie die interne Kommunikation.
Spätestens gegen Ende der Studienzeit stellen sich Absolventinnen viele Fragen in Bezug auf ihre berufliche Entwicklung, insbesondere den Einstieg ins Berufsleben.
- Soll ich in die Wirtschaft gehen? Wenn ja, wie stelle ich das am besten an?
- Wie sind andere Absolventinnen aus meinem Fachgebiet vorgegangen bei der Jobsuche?
- In welchen spannenden Tätigkeitsfeldern kann ich mit meinem Abschluss hier in der Region Ostwestfalen-Lippe arbeiten? Vielleicht auch solche, die ich bisher nicht kannte?
- Welche Entwicklungsmöglichkeiten gibt es dort?
Vier Frauen aus vier verschiedenen Arbeitsfeldern haben „aus dem Nähkästchen geplaudert“. Mitwirkende der Veranstaltung am 25. November 2020 und ihre Arbeitsfelder waren:
Personalentwicklung & Diversity Management
Kristina Vogt | B.A. Soziologie & M.A. Wirtschafts- und Arbeitssoziologie | Referentin Personalentwicklung/ Vereinbarkeit Familie und Beruf | Edeka Minden-Hannover
Nachhaltigkeit in der Elektroindustrie
Anna Lebedeva | International Economics & Management | Koordinatorin Nachhaltigkeit & Arbeitsschutz global | Weidmüller Interface GmbH & Co. KG
Produktion und Entwicklung von Aufbau- und Verbindungstechnik
Lena Tigges | Wirtschaftsingenieurin | Trainerin | Hesse GmbH
Informatik und Datenanalyse
Darja Libera | B.A. Mathematik | Projektmanagerin IT-Analyse | Resolto Informatik GmbH
Die vier Referentinnen erzählten von der Bedeutung ihrer Netzwerktätigkeit schon während des Studiums, welche alle sehr unterschiedlich aussahen. Persönliche Kontakte spielten dabei immer eine Rolle. Einige haben über eine Seminar- oder Abschlussarbeit schon Kontakt zum späteren Arbeitgeber bzw. zur späteren Arbeitgeberin bekommen. Fachliche Netzwerke, wie z.B. der VDI (Verein Deutscher Ingenieure) können beim Berufseinstieg helfen, beispielsweise schon durch Stipendien für Studierende. Auch ein Stipendium der Stiftung Studienfonds OWL kann etwa im Begleitprogramm für Stipendiatinnen und Stipendiaten Kontakte zwischen Studierenden und den Mitgliedsunternehmen herstellen, an die später beim Berufseinstieg oder schon vorher für eine Werkstudententätigkeit oder Abschlussarbeit angeknüpft werden kann.
Auch Kontakte zu ehemaligen KommilitonInnen können helfen, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Aber nicht nur als Kontakt oder „Eintrittskarte“ in das jeweilige Unternehmen sind Praktika sinnvoll. Sie können auch deutlich dabei unterstützen, sich über die eigenen Vorstellungen für eine berufliche Richtung klar zu werden. Selbst wenn dadurch die Studienzeit etwas verlängert wird, kann sich das lohnen.
Daneben wurden auch Fragen rund um den Umgang mit Niederlagen in Studium und Beruf diskutiert. Diesbezüglich ermutigten alle vier Referentinnen die Teilnehmerinnen, die eigenen Stärken herausarbeiten und benennen zu können, sodass diese schon im Vorstellungsgespräch und im späteren Berufsleben aktiv vertreten und eingesetzt werden können.
Darja Libera etwa merkte an, dass Ängste vor dem Einstieg ins Berufsleben ganz normal seien und forderte die Teilnehmerinnen auf, sich davon nicht lähmen zu lassen: „Zweifelt nicht an euch selber, wisst was eure Stärken sind und habt Mut, etwas auszuprobieren!“
In Punkto Gehaltsverhandlungen ist es nicht möglich, konkrete Zahlen zu nennen, da dies von Branche zu Branche sehr unterschiedlich sein kann und auch oft von der Größe des Unternehmens abhängt. Auf jeden Fall lohnt sich ein Vergleich über Portale, wie es etwa der VDI anbietet. Die Referentinnen empfehlen, notfalls ein eigenes Minimum festzulegen und tatsächlich von diesem Arbeitgeber Abstand zu nehmen, falls das angebotene Gehalt unter der eigenen Vorstellung liegt.
Die Teilnehmerinnen nutzten die Gelegenheit, mit den vier Fach- und Führungsfrauen aus verschiedenen Unternehmen ins Gespräch zu kommen und das breite Spektrum an beruflichen Möglichkeiten der Technologieregion OstWestfalenLippe und dem breiten Branchenmix zu entdecken.
Fazit: Eine gelungene Veranstaltung, die - so das Feedback der Teilnehmerinnen - den Horizont erweitert hat und wichtige Impulse geben konnte.
Veranstaltet und organisiert wurde das Online-Seminar von folgenden Kooperationspartnerinnen:
Christina Rouvray | Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL | c.rouvraynoSpam@ostwestfalen-lippe.de | 0521/ 96733-294
Dörte Husmann | Career Service der Universität Bielefeld | careernoSpam@uni-bielefeld.de | 0521/ 106-4913
Brigitte Böwingloh | Fachhochschule Bielefeld | brigitte.boewinglohnoSpam@fh-bielefeld.de | 0521/ 106-7260
Yulika Ogawa-Müller | Gleichstellungsbüro der Universität Bielefeld | yulika.ogawa-muellernoSpam@uni-bielefeld.de | 0521/ 106-426
Bildrechte: OWL GmbH
Am 25. November 2020 folgten rund 21 Personalverantwortliche und Interessierte aus kleinen und mittelständischen Unternehmen aus der Region der Einladung des Kompetenzzentrums Frau und Beruf OWL zu dem Online-Seminar „Vorbildhaft: Zielgerichtete Strategien zur Entwicklung von weiblichen Nachwuchstalenten“.
Das Online-Seminar fand im Rahmen einer neuen Reihe des Kompetenzzentrums statt. Unter dem Titel Vorbildhaft: werden gute Beispiele für Strategien und praktische Ansätze in Bezug auf eine lebensphasenorientierte Personalpolitik in OWL vorgestellt.
Für das Online-Seminar konnte Birgit Nüchter vom Steinbeis-Beratungszentrum Führungskompetenz gewonnen werden. In ihrem Vortrag ging sie auf folgende Themen ein:
Was bedeutet Talent-Management? Vier Tipps für erfolgreiches Talent-Management sowie Mentoring und Netzwerken. Unter dem Begriff Talent-Management werden die Bereiche Recruiting, Nachfolgeregelungen für (Führungs-)Positionen, Leistungseinschätzungsverfahren und Potentialanalysen zusammengefasst. Doch wie kann ein erfolgreiches Talent-Management aufgebaut werden?Dazu gab Birgit Nüchter den Teilnehmenden vier wertvolle Tipps an die Hand.
Tipp Nr. 1 bezog sich auf die Prozesse im Bereich der Rekrutierung. Dabei sollte beachtet werden, dass die Stellenausschreibungen und die Ansprache von (weiblichen) Nachwuchstalenten gendersensible gestaltet werden. Hilfreich ist es auch einen Leitfaden für Bewerbungsgespräche zu erstellen, damit die Kriterien für die Personalauswahl einheitlich sind.
Wie Widerstände wahrgenommen und überwunden werden können erfuhren die Teilnehmenden bei Tipp Nr. 2. Um die Hürden, die in Form von Vorurteilen oder Vorbehalten auftreten können, aufzulösen sind Vorbilder für die Nachwuchstalente wichtig. Zudem kann ein Diversity-Training die Unternehmen und deren Beschäftigte sensibilisieren und für heterogene Teams sowie Führungspositionen öffnen.
Der dritte Tipp knüpft an den zweiten Tipp an. Dabei sollen Vorurteile und das Denken in Schubladen durch Selbstreflektion abgebaut werden.
Der vierte Tipp zielte auf die aktive Unterstützung von (jungen) Frauen im Unternehmen ab. Unterstützungsangebote wie Mentoring-Programme und Netzwerke sowie flexible Arbeitszeiten und -orte, Jobsharing-Modelle oder die Teilnahme an Recruiting-Veranstaltungen motivieren aufstrebende Mitarbeiterinnen eine Führungsposition zu übernehmen.
Im nächsten Schritt ging Birgit Nüchter auf das Mentoring ein. Je nach Unternehmen oder Wunsch der Nachwuchskräfte kann ein Inhouse-Mentoring betrieben werden, d. h. erfahrene Führungskräfte tauschen sich mit den Nachwuchskräften aus. Eine weitere Möglichkeit ist es, dass man ein Mentoring außerhalb des Betriebs wahrnimmt.
Der Bericht „Aus der Praxis – Für die Praxis“ von Malin Wrenger und Jörg Pohlmann von der Plantag Coatings GmbH aus Detmold rundete das Online-Seminar ab. Das Unternehmen wurde für das Online-Seminar Vorbildhaft: ausgewählt, da es sich der Förderung von jungen Menschen annimmt. Am Lebenslauf von Malin Wrenger - von der Ausbildung bis hin zur ersten Führungsposition - wurde aufgezeigt, wie das Talentmanagement umgesetzt werden kann.
Als Botschaft gab Herr Pohlmann den Teilnehmenden mit, dass der individuelle Weg, d. h. zugeschnitten auf die zu fördernde Person, oftmals der erfolgsbringende ist. Kleine und mittlere Unternehmen haben viele Möglichkeiten den Nachwuchs zu fördern und sich somit als attraktive Arbeitgeber zu positionieren
Rund 40 Teilnehmende, Personalverantwortliche aus Unternehmen, Unternehmens- und Personalberaterinnen und -berater nahmen an der Online-Veranstaltung „Vorbildhaft | Erfolgskonzept Gender Management“ am 24. November 2020 teil.
Astrid Szebel-Habig, Professorin für Personal- und Unternehmensführung an der Hochschule Aschaffenburg, stellte das Konzept des Gender Managements vor. Ziel dieses Top-Down-Ansatzes ist es zum einen, durch die Wertschätzung der Gender-Vielfalt im Unternehmen einen Beitrag zur Chancengleichheit der Geschlechter zu leisten. Zum anderen sollen die gemischten Teams Synergieeffekte fördern, durch die neue Problemlösungen und Produkte für Kundinnen und Kunden entstehen, so dass letztlich der Unternehmenswert gesteigert wird.
Personalmaßnahmen zum Gender Management betreffen zum einen verschiedene Phasen der Betriebszugehörigkeit von der Rekrutierung (recruit/attract) über die Entwicklung (promote/develop) bis zur langfristigen Bindung (retain). In diesen Bereichen werden verschiedene Personen-/Beschäftigtengruppen durch gezielte Maßnahmen angesprochen, um vielfältige berufliche Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten zu gewährleisten. Beginnend mit Zielvereinbarungen und -vorgaben in Bezug auf die Anzahl von Frauen in bestimmten Bereichen und Positionen werden neben Maßnahmen für Frauen auch spezielle Maßnahmen für Vorgesetzte und männliche Beschäftigte entwickelt und angeboten. Diese werden wiederum unterstützt durch ein Talentmanagement (z.B. Dual Career Angebote; Talentpool; transparente Aufstiegsmöglichkeiten) sowie ein Work-Life-Management (z.B. besondere Angebote zum Work- Life-Balance; Top-Sharing-Angebote; Angebote zu „Career Breaks“).
Alle diese Personalmaßnahmen sollten flankiert werden durch Kommunikationsmaßnahmen, wie beispielsweise:
- regelmäßige Berichterstattung auf Vorstandssitzungen zur Entwicklung der Kennzahlen
- Sichtbarkeit von Frauen erhöhen durch gute Beispiele (weibliche role models)
- bewusste Präsentation von gendererfolgreichen Vorgesetzten
- Vorbild „Karriereväter“ zur Vereinbarung von Vaterpflichten und Karriere
- Berichte über High Potentials.
Zur Veranschaulichung und auch Überprüfung der Erfolge empfiehlt Prof.‘in Dr.‘in Szebel-Habig ein ständiges Monitoring, z. B. Zielerreichungsgrad durch Soll-Ist-Vergleich, Gender-Kennzahlen z. B. zu Fluktuationsgründen von weiblichen Nachwuchstalenten, Gender-Kennzahlen für den einzelnen Zuständigkeitsbereich eines/einer Vorgesetzten.
Wissenschaftliche Studien belegen immer wieder, dass gemischte Teams flexibler auf Herausforderungen reagieren und innovativer in der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sind. Dafür wurden zahlreiche Beispiele genannt im Vortrag. Interessant ist auch, dass je höher der Männeranteil in Unternehmen bzw. Teams ist, desto höher ist sowohl die Neigung zu riskanten Unternehmensentscheidungen als auch zu Wirtschaftskriminalität.
Nicht verschwiegen werden soll, dass die Führung und Zusammenarbeit durch höhere Diversität auch mehr Reibungsverluste fordern und komplexer sein kann, v. a. am Anfang, wenn dies noch ungewohnt ist. Die langfristigen Vorteile in Bezug auf Innovation, Stabilität, Krisenfestigkeit und wirtschaftlicher Erfolg stehen dem jedoch gegenüber.
Die Zahlen und Fakten des Vortrags beruhen u. a. auf dem Forschungsprojekt von Prof.‘in Dr.‘in Szebel-Habig und weiteren WissenschaftlerInnen „Mit Mixed-Leadership an die Spitze“, dessen Ergebnisse in der Publikation „Mit Gender Management zum Unternehmenserfolg. Grundlagen, wissenschaftliche Beiträge, Best Practice“ veröffentlicht wurden.
Gender Management kann dazu beitragen, dem Fachkräftemangel zu begegnen, Absatzmärkte zu erschließen (Stichwort: Kaufkraft von Frauen!), besser auf wechselnde Wünsche von Kundinnen und Kunden zu reagieren sowie besser mit technischen Entwicklungen mithalten zu können. Außerdem werden Leistungspotentiale der Beschäftigten optimaler ausgeschöpft und Mitarbeiterbindung erhöht, sodass ein umfassender Beitrag zum Unternehmenserfolg geleistet wird.
Im anschließenden Interview berichteten Katrin Stühmeyer-Halfar (Halfar System GmbH) und Daniela Siekmann (itelligence AG) von den praktischen Ansätzen in ihren jeweiligen Unternehmen.
Mit gut 120 Beschäftigten und einer branchentypisch hohen Frauenquote hat Halfar System GmbH ganz andere Voraussetzungen als die deutlich größere, weltweit agierende itelligence AG in der IT-Branche. Gleichwohl gibt es Parallelen zwischen den Unternehmen: die Überzeugung in den Geschäftsleitungen beider Unternehmen, dass Wertschätzung und die Förderung individueller Beschäftigter nach ihren Fähigkeiten sowie ein respektvoller Umgang untereinander Grundvoraussetzung für ein gutes Miteinander und den Unternehmenserfolg sind; durch sie ist diese Überzeugung auch fest in der jeweiligen Unternehmenskultur verankert. Dazu gehört, dass genau hingeschaut wird, welche Bedarfe die Beschäftigten sowohl kollektiv, als auch im Einzelfall haben.
Bei Halfar System GmbH sei man noch eher am Anfang einer strukturellen Herangehensweise, merkt die Geschäftsführerin bescheiden an. Hier „leiste“ man sich bewusst auch „Ungleichheit“, indem ausdrücklich nicht alles strukturell oder in Personalentwicklungsprogrammen verankert und formalisiert ist. Stattdessen wird individuell geschaut, wo ggf. Bedarf an Fortbildung oder Coaching besteht, wenn z.B. eine Führungsrolle übernommen wird. Manchen Beschäftigten werden Flexibilisierungen erlaubt, die nicht generalisierbar sind, weil die besonderen Umstände gerade nur in den Lebensumständen einer Person bestehen (z.B. vorübergehender Übergang von Vertriebstätigkeit in den „Innendienst“ im Marketing o.ä., wenn eine junge Familie zu versorgen oder ältere Angehörige zu pflegen sind). Das werde aber intern gut kommuniziert, sodass die vermeintliche Sonderbehandlung für alle nachvollziehbar ist und zu einem guten Unternehmensklima beiträgt. Denn allen Beschäftigten werde dadurch bewusst, dass sie mit allen menschlichen Problemen und Facetten ernst genommen werden und bei Bedarf Unterstützung erfahren. Der Erfolg gibt ihnen Recht: Halfar System GmbH wird nicht nur durch eine gleichberechtigte Doppelspitze (Frau/ Mann) geführt, sondern auch die vier Führungspositionen auf der nächsten Ebene sind derzeit hälftig mit Frauen und Männern besetzt.
In rasantem Tempo hat sich bei der itelligence AG in den letzten Jahren eine „grass roots“-Initiative der weiblichen Fach- und Führungsfrauen entwickelt, die eine bessere Vernetzung untereinander hervorgerufen hat und gleichzeitig für mehr Chancengerechtigkeit für Frauen im Unternehmen steht. Diese stieß in der Geschäftsleitung auf offene Türen, weil von hier aus mehr oder weniger gleichzeitig eine solche Entwicklung angedacht wurde. So hat das Unternehmen inzwischen eine eigene Stelle eingerichtet (Head of Global Talent Management & Diversity Lead), welche die internen Bemühungen zur Rekrutierung, Sichtbarmachung, Vernetzung und Beförderung von Frauen im Unternehmen koordiniert. Zwar gehören auch andere Diversitätsaspekte zum Aufgabenbereich, aber ein besonderer Fokus liegt auf Gender Diversity. Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und familiären Verpflichtungen sowohl für Frauen als auch für Männer werden hier (weiter-)entwickelt, aber auch ein Mentoring-Programm für weibliche Nachwuchsführungskräfte gehört hier u.a. zum Talentmanagement.
Veranstalterinnen des Online-Seminars waren das Kompetenzzentrum Frau und Beruf OWL, die Gleichstellungsstelle der Stadt Bielefeld sowie die WEGE Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft Bielefeld mbH.
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